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Category: Story

29. Mai 2011 – Dr. Maria Schiestl aus Entasekera – Teil 1: Es hätte ein Osterbrief werden sollen …

… doch nun wird es wohl ein Pfingstbrief. Um „Geschichten“ zu schreiben, muss man die nötige Ruhe haben, um die Gedanken zu ordnen und auf Papier bringen zu können. Beides war mir bis jetzt nicht so recht gelungen.

Die Maasai sind Geschichtenerzähler und dies tun sie mit Passion. Aus einem kleinen Ereignis wird durch Ausschmückung und Phantasie eine oft „unglaubliche Geschichte“ gemacht, die immer auch ein Stückchen Wahrheit enthält, und in welcher der Erzähler zur Hauptperson wird. Und nun, da wir auch ins kenyanische Handynetz eingebunden sind, machen diese Geschichten noch schneller die Runde. Auch das Health & Education Centre in Entasekera hat so manchen Anlass gegeben für solche Geschichten.

Es ist mein siebtes Jahr in Entasekera, unglaublich aber wahr.
Ich bin im Jänner, nach einem turbulenten Sonder-Heimaturlaub mit vielen Terminen und Einsätzen, wenig Zeit für Erholung oder gar Trauerarbeit um unsere Mutter, mit einer schweren Grippe zurückgekommen, die ich in der Folge dann ignoriert habe. Zuviel gab es zu tun. Während meiner Abwesenheit hatte außerdem auch noch unser Verwalter Mike entschlossen, als Fahrer bei einer Safariagentur zu arbeiten, und so hing alles wieder an mir. Eine verschleppte Grippe zehrt an den Kräften, vor allem wenn plötzlich jahrelange Personalaufbauarbeit umsonst gewesen sein soll. Woher sollen wir wohl wieder einen geeigneten Mann herkriegen, der in die Fußstapfen von Mike treten kann? Ich habe meine Felle davonschwimmen gesehen. Noch einmal von vorne beginnen, wieder jemanden ausbilden lassen, jemanden finden wie Mike, der auch von der Bevölkerung akzeptiert und respektiert wird? Meine angeschlagene Gesundheit, die zusätzliche Arbeit und das Wissen um die vielen anstehenden Vorhaben haben mich fast ins „Burnout“ getrieben. Anfang März musste ich mich schließlich in Nairobi mit einer Herzbeutelentzündung in ärztliche Obsorge begeben. Die drei Wochen Auszeit und Krankenstand haben mir gut getan. Ich habe mich körperlich und seelisch wieder erholt und die Kraft gefunden, weiterzumachen. Es war eine Nachdenkpause für mich, und wohl auch für Mike, denn wie durch ein Wunder ist dieser dann am 19. März, zwei Tage nach meiner eigenen Rückkehr reumütig wieder zurückgekommen. Da hat sicher auch der Hl. Josef seine Hände im Spiel gehabt!

Und so gehen die Geschichten weiter in Entasekera. Mit Mike habe ich inzwischen viele Gespräche geführt und er hat mir, dem ganzen Team und auch den Vertretern der Bevölkerung, insbesondere den Frauen versichert, dass er in Entasekera bleiben will, „for better, for worse“.
Wir haben ihn mit großer Freude wieder aufgenommen wie einen verloren gegangenen Sohn. Dieses Ereignis war äußerst lehrreich für mich und hat mir neue Einblicke gegeben in die Dynamik des Stammes- und Klandenkens der Maasai. Mike ist mit einer Nicht-Maasai verheiratet und gehört zum Klan des Loibon. Die Mutter und der Onkel wollten ihm eine Maasaifrau als Zweitfrau zuteilen, was er selbst aber ablehnte. Um diesem Szenario zu entgehen, wollte er Loita verlassen, anstatt mutig seinen Weg zu gehen und zu Florenz, seiner Frau und den zwei Kindern zu stehen. Florenz wäre fast daran zerbrochen. Doch die Liebe und Treue haben gesiegt.

Irgendwann im Februar soll im benachbarten Tansania zu einem pensionierter Pastor Gott gesprochen haben und ihm das Rezept eines Trunkes mitgeteilt haben, der HIV/ Aids, Tuberkulose, Diabetes, Krebs, aber auch alle anderen Krankheiten heilen soll können. Seitdem hat ein gewaltiger Exodus begonnen. Aus allen Ecken und Enden in Ostafrika pilgern nun die Menschen zu „Babu von Loliondo“. Patienten werden aus den Krankenhäusern genommen, Medikamente abgesetzt, um sich auf die Reise zu Babu zu machen und den Heilungstrunk für umgerechnet 30 Cent entgegen zu nehmen. Menschen sterben in den kilometerlangen Staus, noch bevor sie den Trunk zu sich nehmen können, andere sterben kurz danach auf dem Weg zurück nach Hause. Bis jetzt hat es noch keine Wunderheilungen irgendwelcher Form gegeben, und trotzdem geht der Wahnsinn weiter. Die Loliondo Affäre hat leider auch Einfluss auf unsere Arbeit. Die Patientenzahlen gehen zurück, doch die Zahl der schwer kranken und komatösen Patienten, die nach dem „Wundertee-Genuss“ zum Sterben zu uns gebracht werden, steigt. Es ist eine Schande. Eigentlich müsste man diesen „Hexenmeister“ verhaften und einsperren lassen.

Das Schlimmste ist, dass die tansanische Regierung noch stolz auf diesen Humbug ist und sie mit geschlossener Mannschaft hingepilgert sind. Man hat dem „Heiler“ sogar eine Teerstraße versprochen. Es scheint fast so zu sein, als ob man durch die Hochspielung dieses Theaters in allen Medien ablenken wollte vom Straßenbau durch die Serengeti. Doch das ist eine Geschichte, die noch viele Gemüter bewegen wird.

Fortsetzung folgt

Die Zillertaler Zeitung möchte mit Hilfe aller Leserinnen und Leser und vielen anderen guten Geistern wie Firmen, Vereinen, Gemeinden und Institutionen mit der Aktion „Sterntaler“ Frau Dr. Maria Schiestl bei ihren Vorhaben unterstützen. Machen Sie mit: 1 Euro = 1 Sterntaler, Spendenkonto Zillertaler Sterntaler, Raiffeisenbank Hippach IBAN: AT26 3624 1000 0005 3876, BIC: RZTIAT AT22 241